Mensch und Roboter arbeiten Hand in Hand
Über den Stand der Technik bei Cobots informiert Axel Schwiegershausen, einer der Geschäftsführer von Vorwig GmbH. Der Begriff „Cobot“ kommt aus dem englischen: collaborative robot = Kollaborativer Roboter = ein Industrieroboter, der mit Menschen gemeinsam arbeitet und nicht durch eine Schutzeinrichtungen von diesen getrennt ist.
Blicken wir zurück: Wie entwickelte sich in den letzten Jahren der Markt für Mensch-Roboter-Kollaborationen (MRK)?
In den letzten zehn Jahren ist im Bereich der MRK ziemlich viel passiert. Die Technik hinter den Cobots ist weiter vorangeschritten, zwischenzeitlich gilt das Konzept der MRK als maßgeblicher Treiber für den gesamten Markt der industriellen Automatisierung. Das Potenzial im Cobot-Segment ist groß.
Wo liegen die größten Stärken in der kollaborativen Robotik?
- ihre einfache Handhabung, die eine Automatisierung mit wenig Aufwand möglich macht
- im Gegensatz zu früher sind keine erheblichen baulichen Veränderungen von Fertigungsanlagen mehr notwendig
- der Cobot kann ohne weiteres in bestehende Arbeitsabläufe integriert werden werden, übernimmt sofort Aufgaben, auch direkt neben dem Werker, es ist kein Schutzzaun erforderlich.
Und wo liegen die Schwächen?
Cobots verfügen über sehr viel mehr Sicherheitsfunktionen als „normale“ Industrieroboter. Die Herausforderung liegt darin, die kollaborative Roboterapplikation sicher und zugleich wirtschaftlich zu gestalten.
Was ist eine Risikobeurteilung?
Alle in Europa in Verkehr gebrachte Maschinen müssen die Anforderungen der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG erfüllen. Mit dem CE-Zeichen erklärt ein Hersteller, dass seine Maschine – oder in unserem Fall die Applikation mit kollaborierenden Robotern – den geltenden rechtlichen Sicherheitsanforderungen der EU entspricht. Dafür gibt es die Risikobeurteilung. Alle möglichen Gefahren werden unter die Lupe genommen. Sofern die Anwendung noch nicht als sicher eingeschätzt wird, werden ergänzende Maßnahmen zum Mindern des Risikos ermittelt. Das kann beispielsweise eine zusätzliche Schutzvorrichtung sein.
„Kollege Roboter“ – wie kommt das bei Arbeitnehmer*innen an?
In den letzten Jahren wurde viel Aufklärungsarbeit geleistet. Das merken wir an der steigenden Nachfrage von kleineren und mittleren Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen. Die seit jeher automatisierungsaffinen Elektronik- und Autoindustrien haben Cobots als erstes eingesetzt. Kleine und mittlere Unternehmen „trauen“ sich jetzt auch – und die Arbeitnehmer*innen stehen den Roboterkollegen offen gegenüber. Mehr noch: sie wissen es zu schätzen, das Cobots schwere, langweilige und gefährliche Aufgaben übernehmen.
Wieso sollten Betriebe Cobots einsetzen?
Fast jede manuelle Tätigkeit lässt sich mit Roboter-Systemen automatisieren. Cobots haben dort ihre Stärke, wo Prozesse monoton, repetitiv und ergonomisch ungünstig sind. Ist das händische Ausführen langwierig und kostet wertvolle Arbeitszeit? Wird der Produktionsablauf möglicherweise dadurch verlangsamt? Das alles sind Überlegungen und Fragen, die sich der Betrieb stellen sollte. Die Interaktion zwischen Mensch und Maschine kann den Betrieb in Sachen Präzision und Produktivität auf ein neues Level heben.
Wie sicher ist eine kollaborative Applikation?
Sicherheit hat natürlich höchste Priorität. Der Cobot verfügen über eine Vielzahl an konfigurierbaren Sicherheitsfunktionen: Sobald er mit seinen menschlichen Kolleg*innen zusammenarbeitet, werden Kraft, Leistung und Geschwindigkeit begrenzt. Das lässt sich individuell an die Gegebenheiten im Betrieb anpassen.
Wenn die Geschwindigkeit beim Cobot reduziert wird, sobald er mit einem Menschen zusammenarbeitet, bleibt da nicht die Produktivität auf der Strecke?
Das Konzept der MRK-Anwendung muss gut durchdacht sein: beispielsweise wird der Arbeitsraum des Cobots in zwei Bereiche aufgeteilt, in einem Kollaborationsraum und in einen normalen. Im normalen Bereich ist der Roboter allein tätig – mit hoher Geschwindigkeit und geringer Taktzeit. Im Kollaborationsraum arbeiten Mensch und Maschine zusammen. Der Cobot arbeitet langsamer, passt sich der Geschwindigkeit des Menschen an. Bei einer Kollision erfolgt seine Abschaltung hochsensibel. Der Kollaborationsraum sollte so klein wie möglich und so groß wie nötig geplant werden. So kann die MRK-Applikation flexibel und wirtschaftlich in die eigene Fertigung integriert werden.